Technologie hat unbestreitbar einen drastischen Einfluss auf unsere Arbeitswelt. Ob es darum geht, Erwartungen technologieaffiner Mitarbeitern zu erfüllen, Einsichten aus der digitalen Welt für Marktvorteile zu nutzen oder potentielle Disruption in der eigenen Industrie vorherzusagen, unsere Erwartungen an die heutige Arbeitswelt wurden durch digitalen Fortschritt bereits beträchtlich verändert. Daraus folgt auch, dass unsere Erwartungen an Führung mit diesem Wandel Schritt halten müssen und wir neue Führungskompetenzen für das digitale Zeitalter brauchen.
Was erwartet also eine neue Generation an Mitarbeitern von ihren Führungskräften, und wie weicht dies möglicherweise von traditionellen Führungskompetenzen ab? Wie können wir neue digitale Tools nutzen, um Teams zu managen? Und wie Führungskräfte dabei unterstützen, in einem ständig beschleunigenden Umfeld zu agieren, das durch digitalen Fortschritt geprägt ist?
Dieser Artikel nimmt Sie mit auf eine Reise durch Eigenschaften erfolgreicher Führung im digitalen Zeitalter – nicht nur mit Blick auf individuelle Kompetenzen, sondern, vielleicht noch wichtiger, mit dem Blick auf die natürliche Spannung zwischen den gegenüber gestellten Eigenschaften. Ab welchem Punkt wird aus Kreativität Chaos? Wo schwingt Inklusion über in Gruppenzwang, Vielfalt von Möglichkeiten in Entscheidungsblockade? In allen Bereichen souverän und dabei gleichzeitig in der Lage zu sein, die Balance zwischen den Eigenschaften zu halten, wird Ihren Führungskräften dabei helfen, Ihre Teams in die Zukunft zu führen.
Neugierde & Kritisches Denken
Neugierig genug, alles zu hinterfragen und dabei analytisch und fokussiert genug, um eine klare Richtung vorzugeben.
Neugierde ist unerlässlich für Führungskräfte im digitalen Zeitalter - über das Offensichtliche hinaus gehen, hinterfragen, zum wirklichen „Warum“ gelangen. Eine neue Generation von Mitarbeitern, die sich durch Wissensdurst und permanentes Hinterfragen des Status Quo auszeichnet, wird dies ohnehin von ihren Führungskräften erwarten.
Auf der anderen Seite kann übertriebene, ziellose Neugierde zu einer Lähmung der Organisation führen, wenn Teams sich in zu vielen Optionen und Überlegungen selbst gefangen nehmen, Entscheidungen verschoben oder schlimmstenfalls Prioritäten wirklich ständig verändert werden. Digitaler Fortschritt hat zu einem exponentiellen Anstieg verfügbarer Informationen geführt, sowohl für Führungskräfte als auch für ihre Teams. Führungskräfte müssen also ihr kritisches Denken entwickeln, um die oft endlosen Optionen zu bewerten. Ihre Fähigkeit, Alternativen schnell zu analysieren, Risiken zu bewerten und die beste Vorgehensweise auszuwählen ist nicht selten der Faktor, der Geschäftserfolg und verpasster Chance entscheidet. Führungskräfte müssen dies heute in immer kürzerer Zeit leisten.
Die wissbegierige Einstellung “Gäbe es vielleicht noch einen anderen Weg zum Ziel?”, wenn auch positiv, muss durch ein analytisches “Sollten wir hier überhaupt etwas verändern?” ergänzt werden, um Neugierde nur um der Neugierde Willen zu vermeiden.
Zusammenfassend müssen Führungskräfte auch analytisch denken, um eine klare Richtung vorzugeben. Mitarbeiter werden diese Richtungsweisung von ihnen erwarten, besonders wenn es mehrere mögliche Wege zum Ziel gibt.
Verletzlichkeit & Selbstvertrauen
Offen für Ungewissheit und Emotionalität und dabei reflektiert und selbstbewusst genug, um Vorbild zu sein und zu befähigen.
Selbstvertrauen ist sicher eine der offensichtlicheren Kompetenzen, die bei einer Führungskraft erwartet werden, und auch im digitalen Zeitalter nichts Neues. Jedoch kann es sein, dass manche Führungskräfte sich persönlich mit der digitalen Welt schwertun und sich dies auf ihr Selbstvertrauen auswirkt.
Führungskräfte sind gefordert, dem Druck stand zu halten der mit Kontrollstreben einhergeht, damit umgehen zu können, wenn sie etwas nicht wissen – und offen dafür zu sein, dass jemand jüngeres oder mit weniger Erfahrung vielleicht die beste Idee hat. Zu sagen „Das weiß ich nicht“ und “Lass uns zusammen daran arbeiten, was denkst du dazu?” fördert die Zusammenarbeit. Ein solcher gezielter Rollentausch trägt zu einem gesunden Arbeitsklima bei; unterschiedliche Erfahrung wird wertgeschätzt und Selbstvertrauen im Team aufgebaut. Voraussetzung dafür ist jedoch eine Bereitschaft zur Verletzlichkeit auf Seiten der Führungskraft.
Gleichzeitig muss auf Seiten der Führungskraft Vertrauen in die Vision und klare Richtungsweisung zu finden sein. Selbstvertrauen kreiert Vertrauen und Sicherheit im Team, ohne Selbstvertrauen wird jegliche Führung schwierig. Eine gute Führungskraft muss in der Lage sein, einen festen Standpunkt zum Wohl der Organisation einzunehmen.
Die Balance zwischen Selbstvertrauen und Verletzlichkeit ist wichtig. Übermäßige Verletzlichkeit kann das Vertrauen in die Führungskraft, und damit in die vorgegebene strategische Richtung, erschüttern. Eine dadurch ausgelöste Unsicherheit wird für Verwirrung in der Organisation sorgen. Auf der anderen Seite wird mit einer übermäßig selbstsicheren Führungskraft in Bezug auf Entscheidungen vielleicht nicht mehr offen kommuniziert, was genauso gefährlich sein kann.
Empathie & Entscheidungsfreude
Authentisch empathisch als Führungskraft und dabei in der Lage, Entscheidungen zu treffen und andere in die Umsetzung einzubinden.
Empathie ist ein wesentlicher Bestandteil für den Aufbau eines Teams, das Unterschiedlichkeiten wertschätzt und nutzt. Wenn jedes Teammitglied sich wertgeschätzt fühlt und sich darüber bewusst ist, einen wichtigen Beitrag zu leisten, trägt das zu einem gesunden Zusammengehörigkeitsgefühl bei. Das Verhalten der Führungskraft muss jedoch authentisch sein. Interesse an einer Situation oder Meinung nur zu heucheln wird noch mehr schaden als Desinteresse.
Empathie zu zeigen kann besonders unter Zeitdruck herausfordend sein. Wenn es schnell gehen muss besteht die Gefahr, zu schnell Schlussfolgerungen zu ziehen ohne zusätzliche Perspektiven zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist es im Zeitalter der vorwiegend digitalen Kommunikation (Email, Teamchats, Direktnachrichten, etc.) wichtig, darauf zu achten wie Gefühle und Absichten des Einzelnen trotzdem angemessen kommuniziert werden können.
Empathie befreit Führungskräfte jedoch nicht von der Aufgabe, Entscheidungen zu treffen, die manchmal hart sein können. Mitarbeiter erwarten, dass die Führungsebene Verantwortung übernimmt und Entscheidungen trifft, wo das gefordert ist. Führungskräfte, die sich zu sehr von Emotionen leiten lassen können unterbewusst Entscheidungen vermeiden, die umstritten oder unbeliebt sind und damit schwierigen Unternehmensentscheidungen im Weg stehen. Auf der anderen Seite wird Führungskräften, die völlig unemotional Entscheidungen treffen, wichtiger Input fehlen, der aus ihrem Team hätte kommen können. Gute Führungskräfte werden unterschiedliche Perspektiven abwägen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Großartige Führungskräfte werden in ihrer Entscheidungsfindung zusätzlich Empathie zeigen, indem sie Zusammehänge erklären und so das Verständnis bei den Beteiligten und Betroffenen vergrößern.
Mut & Inspirationsfähigkeit
Mutig genug, disruptiv zu denken und das Unternehmen herauszufordern und dabei in der Lage, andere mit zu nehmen und für eine neue Vision zu begeistern.
Führungskräfte dürfen nicht in die Falle tappen, „Ja-Sager“ zu werden. Stattdessen sollten sie bereit sein, Ideen und bestehende Strukturen im Unternehmen zu hinterfragen. Führungskräfte müssen eine positive, disruptive Kraft bilden, und das Unternehmen durch das Unbehagen führen, das Disruption verursacht. Dies braucht eine gute Portion Mut.
Viele Industrien haben einen umfassenden digitalen Wandel durch eine Veränderung der Wettbewerbsstruktur durchgemacht – Taxen, Hotels, Musik, Fernsehen. Sogar die „stabilsten“ Branchen sind betroffen und stehen Herausforderungen gegenüber, die nicht selten die Existenz des Unternehmens bedrohen. Durch solche Veränderungen zu führen - ob als aktiver Disruptor oder als Betroffener – ist nichts für zaghafte Gemüter. Um die nächste Ecke wartet immer schon die nächste Herausforderung.
Führungskräfte müssen verstehen, dass jede Disruption, auch wenn sie positiv ist, Menschen wahrscheinlich verunsichert, und dass eine effektive Veränderung erfordert, die Mitarbeiter neu zu begeistern. Für Führungskräfte im digitalen Zeitalter bedeutet dies, die Tools zu nutzen, die Ihnen zur Unterstützung zur Verfügung stehen, wie z.B. digitale Kommunikations- und Engagement-Tools. Von digital moderierten Fokusgruppen, zu Umfragen, On-Demand Lerninhalten und verbesserten Kommunikationsplattformen kann Technologie dafür eingesetzt werden, Mitarbeiterengagement zu fördern. Dies kann wiederum auch insgesamt das Bewusstsein über den Unternehmenskontext stärken –Bewusstsein darüber, warum Veränderungen umgesetzt werden, Inspiraton wie jeder Einzelne zu den Unternehmenszielen beitragen kann, und was letztendlich die Konsequenzen davon wären, passiv zu sein und nichts zu tun.
Wie bei den anderen Eigentschaftspaaren liegt auch hier der Schlüssel in der Balance. Eine mutige Führungskraft, die nicht mit anderen kommuniziert, risikert, mutig in die falsche Richtung zu laufen. Auf der anderen Seite riskiert eine Führungkraft, die immer mit allen kommuniziert bevor eine Entscheidung getroffen wird, dass sich eine Kultur von Gruppendenken entwickelt, und die Organisation zu langsam reagiert.
Kreativität & Durchhaltevermögen
Lebt und fördert kreatives Denken und Risikobereitschaft, und ist dabei entschlossen, Dinge zu Ende zu bringen und Ergebnisse zu erzielen.
Führungskräfte im digitalen Zeitalter können sich nicht darauf verlassen, dass es „so wie wir es schon immer gemacht haben“ funktioniert, sondern müssen Kreativität fördern. Ob das bedeutet, schnellere Prototypen-Entwicklung für neue Produkte auszuprobieren, neue Lösungen für ein Unternehmensrisiko zu ergründen oder offen über neue Verkaufsmöglichkeiten nachzudenken, es ist die Aufgabe der Führungskraft, Raum für Kreativität zu schaffen.
Kreatitivät freizusetzen braucht eine bewusste Anstrengung und in der heutigen Arbeitsumgebung spielt die Führungskraft auch als Moderator für das eigene Team eine wichtige Rolle. Es ist die Verantwortung der Führungskraft, eine Umgebung zu schaffen, in der alle Ideen willkommen sind und in der großartige Ideen von jedem kommen können. Unternehmen die auf diese Weise Synergien erzielen neigen eher dazu, Ideen zu hören und eine Chance zu geben und profitieren letztendlich von kreativen und schlagkräftigen Lösungen. Außerdem werden Teams die an der Ideenfindung beteiligt waren auch eher dafür zu begeistern sein, sich in der Umsetzung einzubringen.
Auch hier können digitale Tools einen wichtigen Beitrag Leisten. Anwendungen wie Instagram, TikTok und Brainsparker haben gezeigt, wie sehr Menschen auf visuelle Stimulation reagieren. Moderne Führungskräfte sollten diese Energie nutzen, und Gelegenheiten für Einzelne schaffen, dieselbe Kreativität auch in ihrem Arbeitsumfeld einzubringen. Dies kann bedeuten, dass manche Prozesse auf kreative (und mutige!) Art verändert oder traditionelle Kommunikationsstrukturen durch neue Wege ersetzt werden,
Auch hier ist es wichtig, das Gleichgewicht zu halten. Kreativität alleine ist nicht genug. Führungskräfte müssen die Ausdauer haben, ein Projekt auch zu Ende zu bringen und nicht aufzugeben. Ziellose Innovation verbrennt Zeit und Ressourcen und behindert andere Möglichkeiten der Weiterentwicklung. Ein kreatives Team wird gute Ideen generieren, aber gute Ideen an sich sind letztendlich nur Ideen – wenn es nicht den Willen gibt, sie umzusetzen. Eine gute Führungskraft ist in der Lage, den Kurs zu halten und die Umsetzung voranzutreiben.
Agilität & Fokus
Kann sich schnell und flexibel an sich verändernde Umstände anpassen und ist dabei in der Lage, Ablenkungen zu managen und konzentriert zu bleiben.
Agilität ist unabdingbar für Führungskräfte im digitalen Zeitalter. Der Druck der Arbeitswelt und die Geschwindigkeit von Veränderungen verlangen nach schnellen Einschätzungen und Anpassungen, und das immer und immer wieder. Führungskräfte müssen flexibel sein und vorangehen können – und lernen, dabei resilient zu bleiben.
Mit vielen Ablenkungen und konkurrierenden Prioritäten in der modernen Welt besteht die Gefahr, dass Führungskräfte viele Bälle auf einmal in der Luft halten, aber wenig erreichen. Ablenkungen zu managen und im Moment präsent zu sein sind wichtige Eigenschaften von Führungskräften in der heutigen Arbeitswelt. Führungskräfte müssen fokussiert genug sein, um Ablenkungen zu widerstehen und an einem Ziel weiterzuarbeiten, während sie gleichzeitig in der Lage sind, Zieländerungen vorzunehmen wenn neue Umstände aufkommen die sich auf die eigene Strategie auswirken.
Führen in Balance
Zusammengenommen sind diese sechs Eingeschaftspaare neue Kompetenzen für Führungskräfte in einer sich durch Technologie schnell verändernden Arbeitswelt. Dabei gibt es unterschiedliche Wege zum Ziel, unterstützt durch unterschiedliche digitale Tools die zur Verfügung stehen.
Balance ist auch in diesem Kontext gesund. Innerhalb der genannten Eigenschaftspaare gibt es immer eine natürliche Spannung – eine Spannung, die sich entweder durch Unter- oder Überbetonung einer der Eigenschaften ausdrückt. Diese Spannungsfelder können sich, wenn sie nicht bewusst gemacht werden, ungünstig auf das Unternehmen auswirken. Führungskräfte solten daher einen sechsten Sinn kultivieren um Spannungen wahrzunehmen und darauf reagieren zu können. Der Nutzen ist immens – neugierige, kreative Teams, die das Unternehmen mutig auf neue Wege führen und dabei motiviert, agil und zielbewusst sind, um Erfolg zu erreichen.